Tecindustry Themen Unternehmertum & Verantwortung «Trotz einem schwierigen 2023 blicke ich voller Zuversicht in die Zukunft»

«Trotz einem schwierigen 2023 blicke ich voller Zuversicht in die Zukunft»

Die Comet Group ist ein Technologieunternehmen, das sich auf die Plasmakontrolle und Röntgentechnologie spezialisiert hat. Die innovativen Lösungen von Comet werden in vielen Branchen eingesetzt, darunter die Halbleiter-, Elektronik-, Luft-, Raumfahrt- und Automobil-Industrie sowie die Sicherheitsinspektion. Comet ist global tätig und beschäftigt weltweit mehr als 1500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Seit 2022 wird das in Flamatt (FR) ansässige Unternehmen vom schweizerisch-norwegischen Doppelbürger Stephan Haferl geführt. Er betont im Interview mit Swissmem, dass sein Unternehmen sehr gut positioniert ist, um vom exponentiellen Wachstum der Halbleiterindustrie zu profitieren.

Interview: Philippe D. Monnier

Was sind die grössten Herausforderungen und Chancen für Comet?

Wir sehen aktuell viele Chancen, da wir aufgrund unserer Positionierung in der Lage sind, die Vorteile der Digitalisierung und Elektrifizierung voll auszuschöpfen. Comet ist ein unverzichtbarer Zulieferer der Halbleiterindustrie. In einigen Segmenten gibt es nur ganz wenige Zulieferer. Und wir sind einer davon.

Unsere innovativen Produkte sind für die Herstellung von Mikrochips unerlässlich. Das gilt auch für die neueste Generation dreidimensionaler Chips, die eine komplexe Verpackung erfordern und die mit unseren Röntgensystemen inspiziert werden müssen. Zudem wächst die Nachfrage nach Halbleitern exponentiell. Dieses Wachstum wird angetrieben durch den Boom des Internets der Dinge, die Entwicklung autonomer Fahrzeuge und den Ausbau von Rechenzentren, um nur einige Anwendungen zu nennen.

Und mit welchen Schwierigkeiten sind Sie konfrontiert?

Ich denke dabei vor allem an Vorschriften und Beschränkungen. Nehmen wir als Beispiel den Oktober 2022, als die US-Behörden plötzlich und einseitig die Exportkontrollen verschärften. In einer so globalisierten Branche wie der Halbleiterindustrie hat diese Entscheidung zu grosser Verunsicherung geführt. Sie verpflichtet uns auch dazu, erhebliche Ressourcen bereitzustellen, um die Einhaltung dieser Beschränkungen zu gewährleisten. Zudem sind wir in einem äusserst wettbewerbsintensiven Umfeld tätig und müssen auch mit der Stärke des Frankens umgehen können.

Wie könnte sich ein Unternehmen wie Comet besser gegen die in der Halbleiterindustrie typischen, zyklischen Einbrüche wappnen?

Es ist wichtig, dass wir unseren Umgang mit der inhärenten Zyklizität der Halbleiterindustrie verbessern, auch wenn eine vollständige Resilienz unrealistisch erscheint. Die notwendigen Massnahmen haben wir bereits identifiziert. Wir müssen diese nun effektiv umsetzen, damit sich Schwierigkeiten wie im Jahr 2023 nicht wiederholen. Konkret bedeutet dies, dass wir handeln müssen, sobald die ersten Warnsignale auftreten. Das ist wichtig, wenn man bedenkt, wie lange es dauert, bis Massnahmen jeweils greifen. Auch muss unsere Kostenstruktur zwingend flexibler werden. Und schliesslich müssen wir unser Kundenportfolio und die Anwendungsbereiche unserer Produkte weiter diversifizieren. Zusammenfassend kann ich aber sagen, dass ich voller Zuversicht in die Zukunft blicke – auch wenn das Jahr 2023 für Comet schwierig war.

Wie würde sich ein grösserer Konflikt zwischen China und Taiwan auf Comet auswirken?

Taiwan spielt eine zentrale Rolle bei der Herstellung der anspruchsvollsten Halbleiter, in erster Linie wegen dem Marktführer TSMC (Taiwan Semiconductor Manufacturing Company). Ein Konflikt zwischen China und Taiwan hätte verheerende Auswirkungen auf die ganze Welt – auch auf Comet.

Wie würden Sie Ihr Wettbewerbsumfeld beschreiben, insbesondere in Bezug auf Ihren Hauptgeschäftsbereich PCT (Plasma Control Technologies)?

Die Halbleiterindustrie hat eine bedeutende Konsolidierung durchlaufen. In jedem Segment ist nur noch eine geringe Anzahl von Hauptakteuren übriggeblieben. Was unsere PCT-Sparte betrifft, so konkurrieren wir mit Advanced Energy und MKS, zwei US-amerikanischen Unternehmen, die wesentlich grösser und diversifizierter sind als Comet. Wir stehen aber auch mit Trumpf aus Deutschland und der japanische Daihen im Wettbewerb.

Um sich von Ihren Konkurrenten zu unterscheiden, setzen Sie auf Innovation. Was sind Ihre Stärken in diesem Bereich?

Unser Hauptsitz befindet sich in der Schweiz und profitiert in vollem Umfang vom lokalen Ökosystem. Dieses besteht unter anderem aus den Eidgenössischen Technischen Hochschulen, Fachhochschulen und der dualen Berufsbildung. Diese Schweizer Basis gründet auf einem doppelten Erbe: Einerseits fliesst «deutsche Ingenieurskunst» in unseren Adern, andererseits führen wir eine Tradition der Exzellenz in der Produktion weiter. Diese Stärken sind von entscheidender Bedeutung. Sie richtet uns auf die Schaffung von Produkten mit hoher Wertschöpfung aus und ermöglicht es, einen bedeutenden Teil der Produktion in der Schweiz zu behalten.

Der Zugang zu umfangreichen staatlichen Geldern kann die Dynamik eines Unternehmens schwächen.

Stephan Haferl, CEO Comet

In den USA und der EU stehen für die als «Chips Acts» bekannten Halbleitergesetze erheblich mehr Mittel zur Verfügung als für den «Swiss Chip Act». Ein Nachteil für Comet?

Unternehmen, die von den Finanzierungen der amerikanischen oder europäischen «Chips Acts» profitieren, geniessen zwar einen anfänglichen Vorteil. Sie sind aber auch einer gewissen Abhängigkeit ausgesetzt, ganz nach dem Motto «Wer zahlt, befiehlt». Beispielsweise kann die Nutzung von geistigem Eigentum, das mit Unterstützung öffentlicher Gelder entwickelt wurde, eingeschränkt werden. Zudem können diesen Unternehmen Beschränkungen für den Export aus den USA auferlegt werden. Der Zugang zu umfangreichen staatlichen Geldern kann darüber hinaus die Dynamik eines Unternehmens schwächen. Meiner Meinung nach sollten in erster Linie die Unternehmen selbst für ihre Forschung und Investitionen aufkommen. Bei Comet haben wir nur einige wenige Innosuisse-Projekte, bei denen nur der akademische Teil öffentliche Gelder erhält.

Die Politik der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ist es, nicht in Schweizer Unternehmen zu investieren. Allerdings investiert sie in US-amerikanische Unternehmen, die möglicherweise mit Comet konkurrieren ...

Grundsätzlich habe ich kein Problem mit dieser Politik der SNB, solange sie zur Preisstabilität beiträgt, d.h. zur Kernaufgabe einer Zentralbank.

Comet ist an der Schweizer Börse notiert. Wäre eine andere Notierung eine Option?

Derzeit bietet uns die Schweizer Börse einen zufriedenstellenden Zugang zum Kapitalmarkt. Wir haben bereits die Möglichkeit eines Börsengangs an liquideren Finanzplätzen, z.B. in den USA, geprüft. Die höheren Offenlegungsanforderungen und die Verwaltungskosten erschienen uns jedoch nicht angemessen. Aber natürlich könnte sich unsere Einschätzung zu dieser Frage über das nächste Jahrzehnt ändern.

Wie stehen Sie zu Kompensationsgeschäften, die im Zusammenhang mit der Beschaffung von Rüstungsgütern durch die Schweiz bei ausländischen Lieferanten generiert werden?

Wenn man ein Produkt verkaufen will, muss man dem Kunden einen Mehrwert bieten, der den Preis des Produkts übersteigt. Aber wenn es notwendig wird, auf künstliche Hilfen, wie Kompensationsgeschäfte, zurückzugreifen, halte ich das für problematisch.

Die negativen Auswirkungen des starken Frankens haben seine Vorteile bei Weitem übertroffen.

Stephan Haferl, CEO Comet

Wie wirkte sich der starke Franken auf Comet aus?

Der starke Franken begünstigte unsere Einkäufe von Rohstoffen und Ausrüstungen im Ausland. Allerdings liegt ein beachtlicher Anteil unserer Personalkosten in der Schweiz. In Verbindung mit der Tatsache, dass fast alle unsere Kunden im Ausland ansässig sind, erwies sich dies als grosser Nachteil. Alles in allem haben die negativen Auswirkungen des starken Frankens seine Vorteile bei Weitem überwogen.

Welche Massnahmen haben Sie ergriffen, um die negativen Auswirkungen des starken Frankens abzumildern?

Wir haben uns auf mehr Automatisierung und eine höhere Produktivität konzentriert.

Und wenn der Franken noch einmal deutlich aufwerten sollte?

Als Unternehmen sind wir ständig gezwungen, jeden Aspekt unseres Geschäfts, einschliesslich unserer Produktionsfunktionen, zu überprüfen. So können wir feststellen, ob es sinnvoller ist, diese in der Schweiz zu behalten oder ins Ausland zu verlagern – sei es unternehmensintern oder bei externen Partnern. Vor diesem Hintergrund haben wir bereits seit einiger Zeit mehrere Funktionen in Malaysia aufgebaut. Und vor Kurzem gingen wir noch einen Schritt weiter und erwarben ein Grundstück, auf dem wir eine neue Fabrik bauen wollen.

Wie beurteilen Sie insgesamt den Nutzen der rund 30 Freihandelsabkommen, die zwischen der Schweiz (oft im Rahmen der EFTA) und anderen Staaten abgeschlossen wurden?

Wenn Freihandelsabkommen dazu beitragen, den Handel zu liberalisieren und damit den Lebensstandard der Bevölkerung zu verbessern, unterstütze ich sie vollumfänglich. Ich ermutige den Bund, in dieser Richtung fortzufahren. Denn einzig der freie Handel – nicht aber übermässige Regulierung, Bürokratie oder Beschränkungen – fördert die Schaffung von wirtschaftlichem Wert. Wenn diese Freihandelsabkommen jedoch nur andere bestehende Abkommen duplizieren, wie z.B. die Abkommen über geistiges Eigentum, die mit der Welthandelsorganisation abgeschlossen wurden, dann hält sich meine Begeisterung in Grenzen.

Konkret: Welchen Vereinbarungen sind für Comet am nützlichsten?

Ganz klar die bilateralen Abkommen mit der Europäischen Union. Diese ermöglichen den freien Verkehr von (Industrie-)Waren, aber auch von Personen.

Ich spreche mich klar für den freien Wettbewerb und gegen jede Form von Verzerrung durch staatliche Eingriffe aus.

Stephan Haferl, CEO Comet

Freihandelsabkommen umfassen zahlreiche verschiedene Aspekte. Welche sind für Comet am wichtigsten?

Zollsenkungen sind für uns von grosser Bedeutung, auch wenn sie manchmal nur sehr schrittweise erfolgen. Meiner Meinung nach ist es auch entscheidend, dass die Abkommen darauf abzielen, die mit dem internationalen Handel verbundenen Verwaltungsverfahren zu vereinfachen und nicht zu verkomplizieren.

Stichwort «Bilaterale III» mit der Europäischen Union: Welche Erwartungen haben Sie?

Ich wäre mit einem stabilen Status quo zufrieden. Die Schweiz entwickelt sich besser als Europa, wo die Bürokratie enorm zunimmt. Es wäre also schädlich, wenn wir versuchen würden, wirtschaftliche Vorteile zu erlangen, wie die Wiederaufnahme in das Horizon-Programm, oder eine leichte Verschlechterung zu vermeiden, wenn dies auf Kosten unserer politischen Freiheit gehen würde. Die dynamische Rechtsübernahme - auch wenn zurzeit nur auf wenige Abkommen beschränkt - gefällt mir deshalb nicht.

Gilt das auch für das Freihandelsabkommen mit Indien?

Derzeit ist Comet nur in begrenztem Umfang in Indien tätig, was sich jedoch in den nächsten Jahrzehnten parallel zur Halbleiterindustrie in diesem Land ändern dürfte. Ich bin für die Senkung der Zölle in Indien, zumal indische Industrieprodukte in der Schweiz von diesen Zöllen durch die einseitige Schweizer Abschaffung von Industriezöllen bereits befreit sind.
Natürlich ist mir auch bewusst, dass Indien von den EFTA-Staaten erwartet, die ausländischen Direktinvestitionen in den nächsten 15 Jahren um 100 Milliarden US-Dollar zu erhöhen. Konkret kann ich mir aber noch nicht vorstellen, wie diese Staaten ihre Unternehmen dazu bewegen könnten, solche Investitionen zu tätigen.

Einer der Vorteile eines Freihandelsabkommens ist das Klima des Vertrauens, das es zwischen den Vertragsstaaten schafft. Stimmen Sie dieser Aussage zu?

Auch hier spreche ich mich klar für den freien Wettbewerb und gegen jede Form von Verzerrung durch staatliche Eingriffe aus.

Kurzporträt Stephan Haferl, CEO von Comet seit 2022.

Stephan Haferl wurde 1972 geboren und ist schweizerischer und norwegischer Staatsbürger. Er hat einen Masterabschluss in Maschinenbau und Verfahrenstechnik der ETH Zürich und promovierte dort zu den Themen Thermodynamik und Fluiddynamik. Ausserdem hat er ein Advanced Management Program an der Wharton School der University of Pennsylvania (USA) absolviert. Stephan Haferl ist seit 2007 bei der Comet Group tätig und wurde 2022 zum CEO ernannt. Zuvor war er als Geschäftsführer bei Bartec-Meta Physics SA und als Chief Operating Officer bei Bartec Bacab SA tätig.

Die Comet Group in Kürze

Die Comet Group wurde 1948 gegründet und ist ein innovatives Technologieunternehmen, das sich in den Bereichen Plasmakontrolle und Röntgentechnologie spezialisiert hat. Mit seinen hochmodernen Komponenten und Systemen bietet Comet seinen Kunden die Möglichkeit, die Qualität ihrer Produkte zu verbessern und gleichzeitig ihre Produktionsprozesse effizienter und umweltfreundlicher zu gestalten. Die innovativen Lösungen von Comet werden in vielen Branchen eingesetzt, darunter die Halbleiter-, Elektronik-, Luft-, Raumfahrt- und Automobil-Industrie sowie die Sicherheitsinspektion.

Die Comet Group mit Sitz in Flamatt ist global tätig und beschäftigt weltweit mehr als 1500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen fast 600 in der Schweiz ansässig sind. Die Gruppe verfügt über Produktionsstätten in Deutschland, China, Dänemark, Malaysia, der Schweiz und den USA. Sie hat Tochtergesellschaften in Kanada, China, Japan, Korea, Taiwan und den USA.

 

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Letzte Aktualisierung: 16.05.2024