Reisen wir zurück in der Zeit: Dipak Mane, Sie waren von Anfang an dabei, als Bühler die erste Niederlassung in Indien eröffnete. Das war vor dreissig Jahren. Was ist Ihre Lieblingsanekdote?
Dipak Mane: Im Jahr 2000 trat Calvin Grieder das Amt als CEO von Bühler an [heute ist Grieder Verwaltungsratspräsident der Bühler Group, Anm. d. Red.]. Eine seiner ersten Auslandreisen führte ihn zu uns nach Bengaluru in Indien. Ein Kunde hatte gerade eine neue Anlage in Betrieb genommen, eine riesige, wunderschöne Reismühle. Calvin und ich besuchten sie. Da fragte er mich: «Dipak, wie viele dieser Mühlen können wir pro Jahr herstellen?». Ich sagte: «Eine!» Er fiel fast um. Zurück im Büro, begannen wir zu überlegen, wie wir kompaktere Mühlen entwickeln können. Darauf basierend formulierte Calvin später eine neue Strategie, bei der KMUs eine wichtige Rolle spielten. Das kam nicht überall gut an, aber hätte er das nicht getan, wäre Bühler – also die ganze Firma – heute in grossen Schwierigkeiten, da bin ich mir sicher, denn uns wäre viel Umsatz entgangen und die Möglichkeit, neue Produkte zu entwickeln. Die Konkurrenz hätte uns aus dem Markt gedrängt. Stattdessen haben wir den Umsatz seit damals verdreifacht!
Die Bühler Group eröffnete als eines der ersten internationalen Unternehmen eine Niederlassung in Indien – wie kam es dazu?
DM: Bühler wurde 1860 gegründet und war von Anfang an eine globale Firma. Nach der indischen Unabhängigkeit von 1947 gab es erste Kontakte zum Subkontinent, doch ausländischen Firmen war es erst ab 1991 erlaubt, Firmen mit Mehrheitsbeteiligung in Indien zu gründen. Und das nur, wenn sie in einem von fünf für das Land strategisch wichtigen Bereichen tätig waren – dazu zählte die Lebensmittelverarbeitung, in der Bühler bis heute führend ist. Anfänglich war ein Joint-Venture (JV) mit einer lokalen Firma notwendig, später war es Bühler erlaubt, den indischen Partner zu übernehmen.
Sie waren 1993 beim Spatenstich in Bengaluru (früher Bangalore) dabei. Heute ist die 14-Millionen-Stadt in Südindien ein globales IT-Zentrum. Damals aber gab es nur 13 exportierende Firmen in der Region – keine offensichtliche Wahl für einen internationalen Firmenstandort.
DM: (lacht) Ja! Wir wählten Bengaluru aus dem Grund, dass unser JV-Partner dort war. Ausserdem erhielten wir steuerliche Vergünstigungen und das Klima ist nicht so drückend wie sonst in Südindien. Bengaluru war ein absoluter Glückstreffer – heute werden genau dort unter anderem die höchsten Quadratmeterpreise in Indien erzielt.
Wie muss man sich die ersten Jahre von Bühler India vorstellen?
DM: Als wir starteten, gab es keine Festanschlüsse. Erst Jahre später, als der Mobilfunk kam, konnten wir telefonieren – wobei der Empfang oft nur auf dem Dach funktionierte. Und die Schotterstrasse, die zu uns führte, war nach jedem Regenfall unbrauchbar.
Wie kamen Sie beide zu Bühler? Im Indien der 1990er Jahre war die Schweizer Firma unbekannt.
DM: Ich lebte damals in Mumbai. Da stiess ich in der «Times of India» auf eine Annonce von Bühler. Ich bewarb mich und erhielt den Job. Meine Frau und ich reisten nach Bengaluru, doch dort gab es nur: eine grüne Wiese. Trotzdem fühlte es sich richtig an.
PG: Ich stiess fünf Jahre nach Dipak zu Bühler. Mein früherer Chef war ein ehemaliger Bühler-Mitarbeiter und schwärmte mir ständig von dieser Firma aus der Schweiz vor. Als ich ein Inserat sah, dachte ich: Nun will ich herausfinden, ob die wirklich so gut sind.