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Familienunternehmen aus Überzeugung – und mit Erfolg

Die Häny AG Jona (SG) ist ein klassisches KMU der Schweiz Tech-Industrie. Mit Jessica Arzner-Häny als Eigentümerin und Präsidentin des Verwaltungsrats wird das Unternehmen schon in der sechsten Generation durch ein Mitglied der Gründerfamilie geführt. Sie setzt auf Tradition, Qualität und Kundennähe – ohne dabei die Zukunft aus den Augen zu verlieren. Im Interview spricht Jessica Arzner-Häny über die Erfolgsfaktoren eines familiengeführten KMU, die Herausforderungen im internationalen Wettbewerb und warum nachhaltiges Wachstum wichtiger ist als schnelle Expansion.

Frau Arzner-Häny. Oft ziehen es die Eigentümer und CEOs von Familien-KMU vor, sich vollständig auf ihre internen Aufgaben zu konzentrieren und keine Interviews zu geben. Anscheinend ist das bei Ihnen nicht der Fall.

In der Tat! Als Eigentümerin und Präsidentin des Verwaltungsrats bin ich das Gesicht des Unternehmens. Es ist wichtig, dass meine Mitarbeitenden meine Werte und meine Absicht für die Zukunft unseres Familienunternehmens kennen. Und auch unsere Kunden sollen dem Unternehmen ein Gesicht zuordnen können. Wir sind durch und durch ein Familienunternehmen. Darauf sind wir stolz.

Wie läuft Ihr Geschäft?

Im Moment sind wir sehr zufrieden. Wir arbeiten an vielen spannenden Projekten. Das erste Quartal des Jahres ist in unserer Branche immer etwas ruhiger, aber je kürzer der Winter wird, desto früher wird es hektisch. Letzten Sommer gab es einen CEO-Wechsel und glücklicherweise ist dieser Übergang, der immer eine kritische Phase für ein Unternehmen darstellt, sehr gut verlaufen.

Was sind die Schlüsselfaktoren für den Erfolg von Häny?

Die Qualität unserer Produkte und Dienstleistungen sowie das Engagement unserer Mitarbeitenden. Ganz wichtig ist der gute und direkte Kontakt zu unseren Kunden und die Tatsache, dass wir auf eine sehr lange Geschichte der Zuverlässigkeit zurückblicken können. In diesem Jahr feiern wir unser 150-jähriges Bestehen.

Welches sind geografisch gesehen Ihre Hauptmärkte?

Unsere Produkte sind in zwei Kategorien unterteilt: Unsere Hauptkategorie umfasst Pumpen, Turbinen und Systeme, die fast ausschliesslich in der Schweiz verkauft werden. Die zweite Kategorie umfasst Systeme und Geräte für die Misch- und Injektionstechnik. Diese Produkte werden in einem Nischenmarkt eingesetzt und weltweit exportiert. Überall, wo es Grossbaustellen gibt, kommen diese Maschinen zum Einsatz, insbesondere in Europa, Indien, dem Mittleren Osten, den USA.

Warum verkaufen Sie Ihre Pumpen, Turbinen und Systeme nicht auch im Ausland?

Die Branche ist hart umkämpft. Einerseits sind wir Systemanbieterin und bedienen uns auf dem Weltmarkt mit den besten Produkten, d.h. wir stellen bis auf wenige Häny-Spezialitäten keine Pumpen mehr selbst her. Andererseits liegt unsere Stärke in der Kundennähe und dem 24/7-Service. In der Schweiz sind wir in unserer Branche das einzige Unternehmen, das einen flächendeckenden Service anbieten kann. Um dieses Serviceniveau im Ausland zu reproduzieren, müssten wir in jedem Land eine ähnliche Struktur aufbauen wie in der Schweiz. Im Moment ist Österreich das einzige Land, in dem wir über eine vergleichbare Struktur verfügen, da wir dort die Firma unseres Agenten nach dessen Pensionierung übernommen haben.

Wie verkaufen Sie im Ausland Ihre Systeme und Geräte für die Misch- und Injektionstechnik?

Wir exportieren durch eine Kombination aus Direktvertrieb und der Teilnahme an zahlreichen Fachmessen. Wir werden unterstützt durch unsere Niederlassungen in den USA und Österreich sowie einem Netz von Handelsvertretern.

Wie sieht es mit dem US-Markt in der Ära von Donald Trump aus?

Früher hatten wir in den USA eine Vertretung. Unsere Produkte gingen aber in einem breiten Portfolio unter. Das war nicht ideal. Deshalb haben wir vor einigen Jahren eine Vertriebsgesellschaft gegründet, da wir in diesem Land ein grosses Potenzial für unsere Systeme und Geräte der Misch- und Injektionstechnik sehen. 

Aufgrund der politischen Situation in den USA führt unser Verwaltungsrat derzeit eine strategische Analyse dieses Marktes durch. Wir sind in den USA so aufgestellt, dass wir dort derzeit Standardmaschinen montieren können. Somit haben wir ein lokales Standbein und die Zollproblematik trifft uns weniger.

Als Familienunternehmen bevorzugen wir ein gesundes, schrittweises Wachstum, das auf unseren Stärken aufbaut und gleichzeitig die Qualität unseres Angebots sicherstellt.

Ist ein Börsengang Ihrer Firma eine Option, um Ihr internationales Wachstum zu finanzieren, während die Familie die Kontrolle behält?

Absolut nicht. Als Familienunternehmen bevorzugen wir ein gesundes, schrittweises Wachstum, das auf unseren eigenen Stärken aufbaut und gleichzeitig die Qualität unseres Angebots sicherstellt. Unsere Vision ist es, unsere Stärke im Schweizer Markt im Bereich Pumpen und Systeme unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeit und fliessender Innovation weiter auszubauen. In der Misch- und Injektionstechnik streben wir ein markantes Wachstum an, das wir über bestehende und neu zu schaffende Vertriebskanäle in hoher Qualität sicherstellen wollen.

Wer sind Ihre Hauptkonkurrenten, insbesondere auf dem Schweizer Markt?

Wir konkurrieren mit zwei bis drei grossen ausländischen Konzernen mit Niederlassungen in der Schweiz sowie mit zahlreichen lokalen Unternehmen.

Welche Bedeutung haben für Häny Freihandelsabkommen, insbesondere die Bilateralen III mit der Europäischen Union?

Für den Export sind diese Abkommen für unsere erste Produktkategorie nicht entscheidend. Aber für die zweite, die grösstenteils in den europäischen Raum verkauft wird, erhoffen wir uns von den Bilateralen III eine Vereinfachung der administrativen Verfahren, insbesondere der Zollformalitäten. Die anderen Freihandelsabkommen spielen für uns eine weniger wichtige Rolle, da wir nur sporadisch in weit entfernte Länder exportieren.

Die Vereinfachung der Zollformalitäten mit der EU ist umso wichtiger, als wir viele Produkte importieren: Unsere Pumpen kommen hauptsächlich aus Italien, und für unsere Misch- und Injektionstechnik haben wir ein Montagefabrik in Bulgarien.

Welche Logik steckt hinter der Entwicklung Ihrer Produktpalette?

Unser Portfolio hat sich natürlich entwickelt, um den zusätzlichen Bedürfnissen unserer bestehenden Kunden gerecht zu werden. Beim Hinzufügen neuer Produkte oder Dienstleistungen sind wir stets in unseren Kompetenzbereichen geblieben und haben gleichzeitig den verfügbaren Platz in unseren Werkstätten und die Kapazitäten unserer Logistikabteilung optimiert.

Ich bevorzuge den Begriff Langlebigkeit anstelle von Nachhaltigkeit. Dieser Ansatz umfasst auch die positiven und dauerhaften Wechselwirkungen mit unseren Kunden, Mitarbeitern und Lieferanten.

Wie die Firma Häny legen fast alle Unternehmen Wert auf Nachhaltigkeit. Sind Ihre Kunden bereit, für nachhaltige Lösungen mehr zu bezahlen?

Ich bevorzuge den Begriff Langlebigkeit anstelle von Nachhaltigkeit und verstehe darunter eine langfristige Vision. Dieser Ansatz umfasst nicht nur die Nutzung natürlicher Ressourcen, sondern auch die positiven und dauerhaften Wechselwirkungen mit unseren Kunden, Mitarbeitern und Lieferanten. Um Ihre Frage zu beantworten: Jeder wünscht sich nachhaltige Lösungen, aber nur wenige sind bereit, dafür einen höheren Preis zu zahlen.

Welche Herausforderungen haben Sie bei der Anwerbung und Bindung von Talenten?

Wir haben einen gewissen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften, insbesondere an Technikern, die für die Montage und Wartung unserer Pumpen zuständig sind. Es ist wichtig, diese Mitarbeiter zu halten, da ihre Erstausbildung etwa zwei bis drei Monate dauert, sie aber mehr als ein Jahr benötigen, um unsere breite Produktpalette kennen und anwenden zu lernen.

Ich bedaure, dass die Lehre und die handwerklichen Berufe zugunsten rein akademischer Wege an Bedeutung verlieren.

Sind Sie mit dem Ausbildungssystem in der Schweiz zufrieden?

Ja, insbesondere das duale Ausbildungssystem. Die Lehre ist wichtig, da sie es ermöglicht, praktische Fähigkeiten zu erwerben und gleichzeitig die Möglichkeit offen lässt, später eine formale Ausbildung fortzusetzen. Ich bedaure nur, dass die Lehre und die handwerklichen Berufe zugunsten rein akademischer Wege an Bedeutung verlieren.

Besteht Ihr Verwaltungsrat ausschliesslich aus Familienmitgliedern?

Nein, neben meiner Mutter und mir haben wir drei externe Verwaltungsräte. Deren Expertise ist sehr wertvoll, denn statt Entscheidungen innerhalb der Familie zu treffen, bevorzuge ich es, ausführliche Diskussionen zu führen, verschiedene Perspektiven zu berücksichtigen und so zu besseren Entscheidungen zu gelangen.

Wir sind ein ausgeprägtes Familienunternehmen, und darauf sind wir stolz!

Sie repräsentieren die sechste Generation der Eigentümerfamilie. Wie bereiten Sie die Familiennachfolge vor?

Das ist ein wichtiges Thema, auch wenn meine Kinder noch klein sind. Ich denke, man sollte keinen Druck auf sie ausüben, sondern ihnen die Möglichkeit geben, ihre eigenen Interessen zu entdecken. Dennoch ist meine Bindung an unser Familienunternehmen stark und ich würde mir wünschen, dass sie in irgendeiner Weise involviert sind. Ich versuche, sie auf natürliche Weise mit unserem Unternehmen vertraut zu machen, indem ich öfters in der Familie darüber spreche und sie gelegentlich in unsere Räumlichkeiten mitnehme.

Noch einige kurze Fragen. 

Woran denken Sie als Erstes, wenn Sie aufwachen? An den Tag, der vor mir liegt!
Ihre grösste Freude als Führungskraft? Ständig zu lernen und produktive Diskussionen mit meinen Kollegen zu führen.
Ihre grösste Frustration? Festzustellen, dass einige Entscheidungen, die aus Überzeugung und mit vollstem Herzen getroffen wurden, nicht die richtigen waren.
Was tun Sie, um sich zu entspannen? Ich verbringe Zeit mit meiner Familie.
Welchen Rat würden Sie einem jungen Talent geben? Sich Herausforderungen zu stellen, die unüberwindbar erscheinen, und keine Angst zu haben, Fragen zu stellen oder um Hilfe zu bitten.

Schlüsselzahlen 

  • Gegründet im Jahr 1875
  • Seit sechs Generationen im Eigentum der Familie Häny
  • 190 Mitarbeitende
  • Hauptsitz in Jona (SG), Niederlassungen in den USA (Vertrieb), Österreich (Vertrieb) und Bulgarien (Montage), Vorher für 120 Jahre in Meilen ZH ansässig

Jessica Arzner-Häny in Kürze

  • Häny AG: Präsidentin des Verwaltungsrats seit Juni 2023 (zuvor Vizepräsidentin 2020–2023; Verwaltungsrätin seit 2009)
  • Hochschule Luzern (HSLU): Bachelor in Sozialarbeit (2010–2013)
  • Berufsschule für Gesundheits- und Krankenpflege: Diplom in psychiatrischer/seelischer Krankenpflege (2004–2008)

Letzte Aktualisierung: 26.03.2025