Tagtäglich liefern Satelliten wichtige Daten für die Klima- und Umweltforschung, etwa wie hoch der Meeresspiegel steigt oder welche Auswirkungen die globale Erwärmung auf den Gletscherschwund in den Alpen oder auf Flüsse wie die Donau hat. Je präziser die Satellitendaten, umso genauer die Vorhersagen der Wissenschaftler. Daher arbeitet RUAG Space im Rahmen einer Studie für Europäische Union an einer genaueren Positionsbestimmung von Satelliten, die wiederum bessere Satellitendaten etwa über Klimaveränderungen ermöglicht.
Tests übertrafen Erwartungen: Position auf 10 Zentimeter genau
RUAG Space führte kürzlich erste Tests auf der Erde durch. Dabei wurde eine neue Software mit einem bestehenden Navigationsempfänger für Satelliten von RUAG Space unter simulierten Weltraumbedingungen getestet. „Das Ergebnis war beeindruckend“, berichtete Heinz Reichinger, leitender Ingenieur für Navigationsempfänger und Signalverarbeitung am Wiener Standort von RUAG Space. „Wir konnten die Position des Satelliten zehnmal genauer bestimmen als bisher möglich.“ Die Positionsgenauigkeit verbesserte sich von etwa 100 Zentimeter auf 10 Zentimeter. „Das ist ein Quantensprung in der hochgenauen Positionsbestimmung von Satelliten.“ Mit 10 Zentimetern Genauigkeit übertrafen die Testresultate sogar die ursprünglichen Erwartungen einer Genauigkeit von 20 Zentimetern deutlich.
Neue Software verarbeitet neues Galileo-Signal
Erreicht wurde die höhere Genauigkeit mit einem neuen Softwareprogramm. Die Software kann neben den herkömmlichen Signalen auch ein zusätzliches Positions-signal der europäischen Navigationssatelliten Galileo verarbeiten. Um die genaue Position von Satelliten zu bestimmen, kombinieren die aktuellsten Navigationsempfänger von RUAG Space die Signale der europäischen Galileo-Navigationssatelliten und des amerikanischen GPS Systems. Diese Signale werden genutzt, um die Position des Satelliten im All zu bestimmen. „In den Galileo-Satelliten steckt derzeit noch ungenutztes Potenzial. Sie senden mehrere Signale aus in verschiedenen Frequenzbändern“, erklärte Martin Auer, der die Studie bei RUAG Space leitet. Mit dem Galileo High Accuracy Service (HAS) wird Galileo einen weltweiten, kostenlosen und hochgenauen Ortungsdienst für Anwendungen anbieten, die eine höhere Leistung erfordern, wie Drohnen oder autonome Fahrzeuge. Dieser Dienst sollte 2022 verfügbar sein.
„Ein Softwareupdate kann auf bereits im All befindliche Navigationsempfänger ebenso gespielt werden wie auf Empfänger, die wir bereits an Kunden geliefert haben und noch auf der Erde sind.“ Die Hardware der Geräte bleibt unverändert. Die ESA etwa lässt den bereits an sie ausgelieferten RUAG Space Navigations-empfänger „PODRIX“ für den Umweltsatelliten Sentinel-1C mit dieser neuen Software für die In-Orbit Validation des Satelliten aufrüsten. Der von Thales Alenia Space gebaute Satellit Sentinel-1C wird 2022 ins All starten.
Für eine präzise Positionierung sorgen aber schon heute Navigationsempfänger von RUAG Space, die Galileo-Signale verarbeiten. Dazu gehört derjenige für den „Sentinel-6 Copernicus“ Satelliten, der seit November 2020 im All ist. Er misst das Ausmass der Meeresspiegelveränderung und liefert wichtige Daten über Küsten-gebiete, die durch den Meeresspiegelanstieg gefährdet sind. Je genauer die Position des Satelliten bestimmt werden kann, desto präziser sind die Umweltdaten, die er sammelt und liefert. Dies ermöglicht neue Beobachtungen und Vorhersagen, die für die Bewältigung der Auswirkungen der Klimakrise, zum Beispiel in exponierten Küstenstädten wie Venedig, unerlässlich sind", erklärte Fiammetta Diani, Leiterin der Abteilung Marktentwicklung bei der Agentur der Europäischen Union für das Weltraumprogramm.
Genauere Positionsdaten vermeidet Satellitenunfälle und Weltraummüll
Genauere Daten über die Position eines Satelliten helfen außerdem dabei, eine Kollision von Satelliten im All zu vermeiden und tragen damit zur Vermeidung von Weltraummüll bei. Prallen Satelliten im Orbit aufeinander, entstehen zahlreiche Satellitentrümmer. Durch die hohe Geschwindigkeit im Orbit sind selbst kleinste Trümmerteilchen eine enorme Gefahr für andere Satelliten. „Je genauer die Position eines Satelliten bekannt ist, desto besser kann ein potenzieller Unfall vorhergesagt und beispielsweise Ausweichmanöver durchgeführt werden. Unsere genaueren Positionsdaten von Satelliten helfen, Weltraummüll zu vermeiden“, betonte Heinz Reichinger von RUAG Space.
Neues Navigationssystem für Satellitenschwärme
In den kommenden Jahren ist der Start vieler Satellitenschwärme von hunderten bis tausenden Kleinsatelliten im erdnahen Orbit geplant. Für solche Schwärme bau-gleicher Satelliten entwickelt RUAG Space einen kostengünstigen Navigations-empfänger, der leichter und kleiner als herkömmliche Geräte ist und die neue Software zur Verarbeitung der zusätzlichen Galileo HAS-Signale bereits standardmäßig enthält. Die neuen Empfänger namens „NavRix PinPoint“ sind durch die Verwendung standardisierter Elektronikbauteile (Commercial Off the Shelf) kostengünstiger.
Über die Studie: Forschungsauftrag im Wert von einer Million Euro
Anfang 2021 vergab die Agentur der Europäischen Union für das Weltraum-programm (EUSPA) einen Forschungsauftrag in Höhe von einer Million Euro an RUAG Space. Ziel der Studie ist es, die Positionsgenauigkeit von Satelliten zu erhöhen. Die Studie wird 2022 abgeschlossen werden. Mehr über die Studie: https://www.ruag.com/en/newspaper
Quelle: Ruag Space
Bildquelle: ESA/ATG Medialab, Ruag Space